Thomas Haase
Computer-generierte audio-visuelle Medien
Startseite    Digital Processing    Kontakt    Impressum    

"Philosophie"

 


Fehlentwicklungen

Bei der Entwicklung digitaler Medien muß stets die höchste Priorität der eigentlichen Funktionalität zukommen, d.h., es ist immer wichtiger, daß ein Produkt unter verschiedenen Bedingungen benutzbar ist, als es mit nicht essentiellen Zusätzen auszustatten, welche das Spektrum seiner Nutzbarkeit einengen.
Die einzige Ausnahme stellen diejenigen Fälle dar, in denen das Produkt von vornherein nur für die Benutzung auf einzelnen individuell bekannten Geräten bestimmt ist.

Konkret bedeutet dies, daß es ein Ausdruck technischer und gestalterischer Inkompetenz ist, wenn man z.B. ein Anwendungsprogramm mit einem Design-Element ausstattet, durch welches es seine Benutzbarkeit auf bestimmten Betriebssystem-Versionen einbüßt oder gar eine neue Hardwarekomponente benötigt.
In der Praxis kommt es nicht selten sogar vor, daß bereits die benutzte Entwicklungs-Software von vornherein Produkte auswirft, die nur auf bestimmten Versionen einer Betriebssystem-Familie lauffähig sind. Dies ist umso tragischer, wenn man sich klarmacht, daß man ein ansonsten vollkommen gleichwertiges Produkt ohne diese Einschränkung gewinnen könnte, hätte man sich vorher für eine geeignete Entwicklungs-Software entschieden, die es in der Regel immer gibt.
Eine Folge ist das Auftreten peinlicher Produkt-Hinweise wie etwa "läuft unter Betriebssystem-Versionen E und F", was soviel heißt wie "läuft nicht unter Betriebssystem-Versionen A, B, C und D", oder "optimiert für X-Technologie", was in der Regel soviel bedeutet wie "ohne Anschaffung eines neuen Gerätes mit X-Technologie völlig unbrauchbar".

Zu bedenken ist auch, daß auf einem Entwicklungsrechner die für den reibungslosen Betrieb des Produktes erforderlichen Hard- und Software-Komponenten typischerweise installiert sind und daß diese auf dem einen oder anderen Endnutzer-Rechner - vielleicht ebenso typischerweise - überhaupt nicht vorhanden sind. Und auch der Hinweis "klicken Sie hier, um die Komponente X herunterzuladen" vergrößert in Wirklichkeit nur das Ausmaß an Peinlichkeit - abgesehen davon, daß es sich bei diesem Versuch, eingesparte Entwicklungsarbeit wie selbstverständlich dem Endnutzer zuzuschieben, eigentlich um eine Unverschämtheit handelt.

Ein besonderes Thema stellen die Computer-Betriebssysteme dar. Sinn und Zweck eines Betriebssystemes ist es, den Computer in die Lage zu versetzen, Anwendungsprogramme ausführen zu können.
Eine neue Betriebssystem-Version muß selbstverständlich in erster Linie die Lauffähigkeit der bisher verwendbaren Programme gewährleisten und muß sowohl für ältere, als auch für neue Hardware geeignet sein. Eine Beeinträchtigung dieser Grundfunktionen kann nur für den Einsatz auf Spezialsystemen gerechtfertigt werden. Ansonsten kann das Urteil nur lauten: "Thema verfehlt - setzen! - Sechs!". Und auch hier machen irrwitzige Versuche, z.B. mit Zusatzfunktionen, die denen der eigentlichen Anwendungsprogramme laienhaft nachempfunden sind, über die verstümmelte Brauchbarkeit des Produktes hinwegzutäuschen, alles nur noch schlimmer. Fügt man dann noch ein paar völlig überflüssige kindische (aber den Rechner belastende) visuelle Effekte hinzu, ist man schnell bei einem überteuerten viertklassigen Computerspiel gelandet, das Welten von einem Betriebssystem entfernt ist...

In der Praxis ist es heute leider so, daß sich der digitale Markt mit seinen kontinuierlichen - für den Entwickler mitunter recht lukrativen - technischen und gestalterischen Fehlentwicklungen eindeutig zum Nachteil des Endverbrauchers entwickelt. (In der Hardware-Branche ist es ja bereits soweit gekommen, daß es heute der Endnutzer ist, der nachträglich unentgeltlich einen der aufwendigsten Prozesse der Produktion durchführen muß, nämlich die Produkt-Endkontrolle.)

Um aus dieser Entwicklung auszubrechen, erfordert es auf der Entwicklerseite nur ein paar Gedankengänge mehr und ein paar Geldstücke weniger - und dies ist durchaus machbar...

Thomas Haase

 

Abbilden der realen Welt ist keine digitale Kunst

Mit der elektronischen Revolution wurden auch die künstlerisch-gestalterischen Möglichkeiten grundlegend erweitert.
Wer als schöpferisches Individuum einen geistigen Zugang zu dieser neuen Welt gefunden hat, der erkennt und nutzt ihre geradezu unbegrenzten Möglichkeiten des Entwickelns und Gestaltens.

Für einen Außenstehenden mag der markanteste Unterschied zwischen klassischen Druck-Erzeugnissen und den neuen digitalen Medien darin bestehen, daß letztere die Möglichkeit der Animation und Interaktivität bieten.
Tatsächlich aber ist der entscheidende Unterschied der, daß bei den klassischen Druck-Erzeugnissen (wie auch bei den Filmen und Tonaufnahmen) die Grundelemente Abbildungen der realen Welt sind, also in den meisten Fällen photographische Abbildungen real existierender Personen, Gegenstände, Gebäude oder Landschaften. Auch bei den klassischen Zeichentrickfilmen handelt es sich um Abbildungen real existierender Zeichnungen, und selbst viele moderne Computer-Trickfilme basieren auf eingescannten Gipsmodellen.


Anklicken für ein Beispiel.

Bei den neuen digitalen Medien sind die Grundelemente jedoch typischerweise Abbildungen einer rein virtuellen Welt, wie es vor der elektronischen Revolution noch undenkbar war.


Anklicken für ein Beispiel.

So läuft etwa der Web-Designer heute nicht mehr mit der Kamera durch die Gegend, sondern sitzt konzentriert an seinem Computer und berechnet die Eigenschaften einer virtuellen Welt, welche nur in seinem Kopf und seinem Computer existiert, um von dieser dann - ebenfalls mit demselben Computer - die gewünschten Abbilder zu erstellen. Bild und Ton werden nicht mehr eingefangen, sondern durch Vorstellungskraft und technisches Wissen aus dem Nichts erschaffen.

Entsprechend umfangreich sind daher auch die Voraussetzungen, die ein im digitalen Bereich schöpferisch Tätiger mitbringen muß. Es genügt nicht mehr, aus bloßen Abbildern der realen Umgebung etwas "Neues" zusammenzubasteln.
Jetzt muß man alles von Anfang an selbst entwickeln. Dies aber erfordert eine wesentlich höhere Kreativität, ein wesentlich besseres Vorstellungsvermögen sowie umfangreiche Kenntnisse der Mathematik, Physik, des Programmierens und weiterer Disziplinen wie etwa der Musikkomposition.

Wer dies nicht bieten kann, dessen digitale Produkte werden im Grunde nichts weiter sein als animierte, interaktive Druck-Erzeugnisse, im schlimmsten Fall also z.B. ein Website, der einfach aus bearbeiteten Photographien und Texten zusammengesetzt ist.

Thomas Haase
 

 

 

© Copyright 2008-2015 by Thomas Haase. Alle Rechte vorbehalten.

Startseite    Digital Processing    Kontakt    Impressum